Pflegefamilien-Begleitung

Kinder und Jugendliche, die vorübergehend oder längerfristig nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben können, brauchen einen Ort, wo sie sich trotzdem gut entwickeln und wohl fühlen können.

Im Auftrag von Behörden vermitteln wir Pflegefamilien, die wir in ihrer Aufgabe begleiten und unterstützen.

Signet der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen

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Pflegefamilien-Begleitung

Die Pflegefamilien-Begleitung ist ein Angebot für Kinder und Jugendliche in einer Not – oder schwierigen Lebenssituation. Die Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen vermittelt vorübergehend oder langfristig einen Platz in einer Pflegefamilie. Auftraggebende sind Behörden oder soziale Fachstellen. Die Begleitperson macht eine Situationsbeschreibung und formuliert ihre Erwartungen. Wird ein Auftrag erteilt, muss eine Kostengutsprache zugesichert sein.

Die Vorgehensweise bei der Vermittlung einer Pflegefamilie ist auf die Bedürfnisse des Kindes oder Jugendlichen abgestimmt. Kann eine geeignete Pflegefamilie vermittelt werden, wird nach Absprache mit der zuständigen Begleitperson der Ablauf für den Eintritt festgelegt. Das Vorgehen ist abhängig von der Situation, dem gewählten Angebot und der Dringlichkeit. 

Der Eintritt in die Pflegefamilie erfolgt in Begleitung einer Bezugsperson und/oder der zuweisenden Stelle, zusammen mit der Begleitperson der Kinder- und Jugendhilfe
St. Gallen. Bei Jugendlichen muss die Bereitschaft vorhanden sein, in einer Pflegefamilie zu leben. Beim Eintrittsgespräch wird eine Aufenthaltsvereinbarung abgeschlossen, die den Rahmen und die Ziele definiert, persönliche Daten enthält sowie spezielle Abmachungen festhält. Die Zusammenarbeit zwischen der zuweisenden Stelle, der Pflegefamilie und der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen wird geklärt. 

Während des Aufenthaltes finden regelmässig Standortgespräche in der Pflegefamilie statt. Je nach Alter und Thematik nehmen die Kinder und Jugendlichen am Standortgespräch teil. Dabei werden Fragen aller Beteiligten geklärt, der Verlauf des Aufenthaltes reflektiert sowie die Ziele überprüft und wenn nötig angepasst. 

Die Mitarbeit und Einbindung der Eltern im Aufenthaltsprozess wird angestrebt, ist jedoch nicht immer möglich. Auch wenn die elterlichen Möglichkeiten beeinträchtigt sind, bleiben die Eltern der Kinder oder Jugendlichen wichtige Partner. Die Pflegefamilie ersetzt nicht die Beziehung zu den Eltern, sondern ergänzt diese.

Die Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen begleitet und berät die Pflegefamilie während des Aufenthaltes in Erziehungs- und Betreuungsfragen und unterstützt bei Krisensituationen.

Zielgruppen
In einer Pflegefamilie werden Kinder und Jugendliche aufgenommen, deren Eltern oder Bezugspersonen ihre Aufgaben oder Betreuungsverantwortung vorübergehend oder längerfristig nicht wahrnehmen können. Dies kann notwendig sein bei:

  • Eltern, die sich in einer Not- und Krisensituation befinden
  • Eltern, die nicht mehr auf die Entwicklung ihrer Kinder eingehen können
  • Eltern, die eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik oder im Spital brauchen und kein tragfähiges Netz für die Betreuung ihrer Kinder haben
  • Kindern und Jugendlichen, die Vernachlässigung, psychische, physische oder sexuelle Gewalt erleben
  • Jugendlichen in Konflikt- und Krisensituationen


Angebote

Notaufenthalt
Der Notaufenthalt erfolgt innert kürzester Frist für die Dauer von einigen Tagen bis mehreren Monaten. Es ist eine Übergangslösung mit dem Ziel, den Schutz des Kindes zu gewährleisten. Der Notaufenthalt dient dazu, die Situation und die Perspektive des Kindes und dessen Familie sorgfältig zu klären. 

Während des Aufenthaltes muss die zuweisende Stelle entscheiden, ob das Kind wieder zu seinen Eltern zurückkehrt oder in einer Pflegefamilie bzw. in einem Heim leben wird. Je jünger ein Kind ist, umso schneller sollte geklärt sein, wo das Kind in Zukunft leben wird, da sonst zu starke Bindungen zur Pflegefamilie entstehen. Bei Jugendlichen sind die Pflegeeltern eher in der Rolle der begleitenden Erwachsenen. 

Notaufenthalt mit Tagesstruktur
Ein Notaufenthalt mit Tagesstruktur beinhaltet eine angepasste Mithilfe im Hauswirtschafts- oder/und im Landwirtschaftsbereich.

Langfristiger Aufenthalt
Der langfristige Aufenthalt bietet einem Kind oder Jugendlichen über mehrere Jahre Schutz, Geborgenheit und Stabilität. Dieses Angebot kann auch im Anschluss an einen Notaufenthalt erfolgen. Zuverlässige familiäre Strukturen unterstützen die kindliche Entwicklung. 

Bei einem langfristigen Aufenthalt findet ein Vorstellungsgespräch in der Pflegefamilie statt. Je nach Situation können Schnuppertage vereinbart werden. Wiederkehrend wird überprüft, ob der Verlauf des Aufenthaltes weiterhin passend ist. 

Die Eltern bleiben wichtige Bezugspersonen. Im Alltag obliegt jedoch die Betreuung und Erziehung des Kindes den Pflegeeltern. Regelmässige Kontakte zu den Eltern finden statt, sind jedoch nicht immer möglich.

Ein Aufenthalt von Jugendlichen hat häufig das Ziel, die Lebenssituation zu stabilisieren und Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Die Weiterführung der Beschulung oder der Berufseinstieg sind zentrale Inhalte in der Begleitung durch die Pflegefamilie.

Begleiteter Elternkontakt
Kinder, die in einer Pflegefamilie leben, haben in der Regel auch Kontakt zu ihren Eltern. Einige Eltern benötigen bei der Ausübung des Kontaktes eine Begleitung. Wir bieten begleitete Kontakte für Eltern an, deren Kind in einer unserer Pflegefamilie lebt. Die Begleitungen finden, wenn möglich, auf der Beratungsstelle in St. Gallen oder Sargans statt.

Begleitete Rückkehr

Mit der Begleiteten Rückkehr werden die leiblichen Eltern und das Kind beim Rückführungsprozess unterstützt. Das Zusammenleben kann nicht am Punkt der Trennung fortgesetzt werden. Die Begleitung beginnt vor der Rückkehr des Kindes in seine Herkunftsfamilie und unterstützt die Familienmitglieder in der ersten Zeit des Zusammenlebens. Voraussetzung ist, dass eine verlässliche Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind besteht und die Eltern wieder in der Lage sind, eigenverantwortlich für ihr Kind zu sorgen.

Pflegefamilie
Die Pflegeeltern verfügen über Erfahrung in der Begleitung und Betreuung von fremden Kindern und Jugendlichen und/oder über eine Ausbildung im sozialen oder pädagogischen Bereich. Mit der Aufnahme eines Kindes sind alle Familienmitglieder einverstanden. Sie sind sich bewusst, dass die Kinder und Jugendlichen in der Regel „Gäste auf Zeit“ sind. Die Pflegefamilie zeichnet sich aus durch Tragfähigkeit und Flexibilität, Offenheit und Toleranz sowie Verschwiegenheit. Ihre Haltung gegenüber der Herkunftsfamilie ist wertschätzend. Sie arbeitet gemäss Betreuungsauftrag mit der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen zusammen. Die Pflegefamilie ist auf ihre Eignung abgeklärt und steht in einem Arbeitsverhältnis zur Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen. Sie verfügt über eine kantonale Bewilligung zur Aufnahme von Pflegekindern. An den Erfahrungsaustausch-Treffen nehmen die Pflegeeltern teil.

Aufgaben und Zusammenarbeit 

Puzzle – Aufgaben und Zusammenarbeit

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Pflegefamilie werden

Sie haben Platz und Kapazität und wollen Raum bieten und sich einsetzen für ein Kind, eine Jugendliche oder einen Jugendlichen in einer schwierigen Lebenssituation? Sie möchten Familie und Beruf miteinander verbinden und zu Hause arbeiten?

Haben Sie sich schon einmal überlegt, einem Pflegekind ein zweites Zuhause zu geben? Es beschäftigt Sie, dass Kinder aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht bei Ihren Eltern aufwachsen können? Sie sind eine Familie oder ein Paar und haben Verständnis für ausserordentliche Situationen von Familien, Kindern und Jugendlichen? Oder Sie sind alleinerziehend, können ein förderndes Umfeld bieten und verfügen über Unterstützung in Ihrem nächsten Umfeld?

Wir suchen Pflegefamilien für

  • Kurzfristige, vorübergehende Aufenthalte in Notsituationen
    Sie betreuen ein Pflegekind oder Geschwisterpflegekinder in einer Krisen-, Abklärungs- oder Notsituation für eine Dauer von ein paar Wochen bis zu einigen Monaten.
  • Mittelfristige oder langfristige Aufenthalte
    Sie betreuen ein Pflegekind oder Geschwisterpflegekinder und begleiten sie im Alltag. Einige Pflegekinder kehren möglicherweise nach ein paar Jahren zu ihren Eltern zurück, andere Pflegekinder leben bis zum Abschluss ihrer Erstausbildung in der Pflegefamilie.

Wir wünschen von Pflegeeltern Offenheit, Toleranz, Flexibilität und Geduld für die Pflegekinder. Sie müssen in der Lage sein, ergänzend zu den leiblichen Eltern Verantwortung zu übernehmen im Wissen darum, dass Sie nicht das Sorgerecht haben.

Für diese interessante, anspruchsvolle Aufgabe, sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Ausbildung und Erfahrung

  • eine soziale, pädagogische oder pflegerische Ausbildung ist von Vorteil, aber nicht Bedingung
  • ausgewiesene Erfahrung in der Begleitung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen (z.B. Tageseltern, Spielgruppenleitung) ist erwünscht
  • Bereitschaft, einen Ausbildungskurs zur Begleitung und Betreuung von Pflegekindern zu besuchen

Wohnsituation und eigene Familie

  • geeignete räumliche Verhältnisse – wenn möglich steht für ein Pflegekind ein eigenes Zimmer zur Verfügung
  • Bereitschaft der ganzen Familie für das vorübergehende oder längerfristige Zusammenleben mit einem Kind oder Jugendlichen aus einer anderen Familie

Eignungskriterien

  • stabile und belastbare familiäre Verhältnisse
  • physische und psychische Gesundheit
  • ein tragfähiges soziales Netz
  • zeitliche Präsenz und Freiraum
  • Einfühlungsvermögen in die Situation des Pflegekindes
  • Bereitschaft, die Herkunftsfamilie des Pflegekindes zu respektieren
  • Offenheit, Tragfähigkeit, Flexibilität und Reflexionsfähigkeit
  • Pädagogisches Geschick und Geduld
  • Positive Lebensgrundhaltung, in der auch Humor Raum hat
  • vorhandene finanzielle Existenzsicherung
  • Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der Thematik von Pflegekindern (Weiterbildung)

 

Gerne informieren wir Sie telefonisch über das Aufnahmeverfahren und die kantonale Eignungsbescheinigung. Wir freuen uns über das Interesse und Ihre Kontaktaufnahme.

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Pflegefamilie sein

Mit der Aufnahme eines Pflegekindes übernehmen Sie eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Durch das Leben mit einem Pflegekind verändert sich auch Ihr Familienleben. Bei einem Aufenthalt eines Kindes oder Jugendlichen werden Sie durch eine Fachperson der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen begleitet.  

Während des Aufenthaltes

Damit ein Aufenthalt möglichst gut gestaltet werden kann, werden die Rahmenbedingungen geklärt und für Sie als Pflegeeltern ist wichtig, sich der eigenen Rolle bewusst zu sein. Dazu gehören nachstehende Punkte:

  • Abschluss einer Aufenthaltsvereinbarung
  • Das Pflegekind oder Jugendliche mit seiner Geschichte annehmen und begleiten
  • Sicherheit und Zuverlässigkeit vermitteln
  • auf wertschätzende Grundhaltung gegenüber der Herkunftsfamilie des Pflegekindes achten
  • Einhaltung der Schweigepflicht
  • Transparenz in Bezug auf die religiöse Haltung, die Familienregeln und Erziehungsvorstellungen 
  • Bereitschaft zur Biografiearbeit mit dem Pflegekind
  • Eigene Möglichkeiten und Grenzen erkennen
  • Coaching und Begleitung durch die Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen
  • Zusammenarbeit mit anderen Fachpersonen
  • Bereitschaft zur Auseinandersetzung bei Schwierigkeiten (Supervision, Intervision, Coaching)


Erfahrungsaustausch und Weiterbildung

  • Teilnahme an einer Erfahrungsaustauschgruppe in St. Gallen oder Sargans (4 x jährlich) 
  • Teilnahme an Weiterbildungen    


Die Begleitperson ist für Sie als Pflegeeltern da und sorgt dafür, dass Sie die notwendige Unterstützung und Begleitung während des Aufenthaltes, auch ausserhalb der Bürozeiten, erhalten.

 

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Informationen für Eltern

Sehr geehrte Eltern

Die Betreuung Ihres Kindes oder Ihrer Kinder übernimmt vorübergehend eine Pflegefamilie. Zum Aufenthalt kommt es, weil Sie als Eltern oder Bezugspersonen Ihre Elternaufgaben aus verschiedenen Gründen vorübergehend oder für längere Zeit nicht wahrnehmen können. 

  • Vielleicht können Sie als Eltern den Aufenthalt bejahen und sind froh um diese Entlastung. Sie können die Gründe nachvollziehen und befürworten den Aufenthalt in einer Pflegefamilie. 
  • Vielleicht bestimmt die Behörde, dass Sie die Betreuung nicht übernehmen können. Sie sind mit dem Aufenthalt nicht einverstanden und haben wenig Verständnis für die Gründe, die zum Aufenthalt geführt haben.
  • Vielleicht fällt es Ihnen schwer, dass Sie Ihr Kind nicht selber betreuen können oder befürchten, dass Sie die Beziehung zu Ihrem Kind verlieren könnten. 

Beim Aufenthalt eines Kindes in einer Pflegefamilie sind immer mehrere Personen beteiligt. Im Mittelpunkt steht Ihr Kind. Die Pflegeeltern sorgen für Ihr Kind, während die Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen die Pflegefamilie begleitet. Die Mitarbeitenden der berechtigten Behörde (z.B. Beistand) sind zuständig für den Kontakt zu Ihnen und für die Zukunftsklärung. Für ein gutes Gelingen des Aufenthaltes ist das Miteinander zwischen den Erwachsenen zentral. Von einer wohlwollenden und guten Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten hängt der Erfolg des Aufenthaltes ganz wesentlich ab.  

Ihre Mitarbeit ist wichtig. Wie weit dies möglich und machbar ist, hängt von der jeweiligen Situation ab. Sie bleiben als leibliche Eltern der Kinder oder Jugendlichen eine wichtige Bezugsperson. Die Pflegefamilie ersetzt nie die Beziehung zu Ihrem Kind. Es ist uns wichtig, Ihre Fragen und Anliegen mit Ihnen zu klären. Vielleicht haben Sie Hinweise und können uns mitteilen, worauf die Pflegefamilie besonders achten soll, damit es ihrem Kind wohl ist. 

Bei Fragen stehen Ihnen die Begleitpersonen gerne zur Verfügung. Sie sind erreichbar während den Bürozeiten unter der Nummer 071 222 53 53.

Die Mitarbeitenden der Kinder- und Jugendhilfe St.Gallen, wie auch Sie als Eltern, handeln im Interesse Ihres Kindes. Die Meinungen darüber, was im Interesse eines Kindes ist, können unterschiedlich sein. Die Mitarbeitenden der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen suchen zusammen mit Ihnen und den beteiligten Begleitpersonen nach sinnvollen Lösungen für Ihr Kind, was in der Regel gelingt. Wenn Sie mit dem Vorgehen oder dem Verhalten von Mitarbeitenden (Pflegeeltern oder Begleitperson) nicht einverstanden sind, bitten wir Sie, dies offen mit uns zu besprechen. 

Sollten Sie mit den gefundenen Lösungen nicht einverstanden sein, haben Sie die Möglichkeit, sich an Herrn Christoph Wick, Geschäftsleiter der Kinder- und Jugendhilfe, zu  wenden und sich bei ihm zu beschweren. 

Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen
Herr Christoph Wick
Geschäftsleitung
Frongartenstrasse 11
Postfach 1120
9001 St.Gallen

T 071 222 53 53

Wir planen und begleiten den Aufenthalt Ihres Kindes in der Pflegefamilie sorgfältig und behutsam und es ist unser Anliegen, dass der Aufenthalt eine möglichst positive Erfahrung für alle Beteiligten sein kann.  

Wir wünschen Ihnen, dass der Aufenthalt Ihres Kindes zu einem gelingenden Lebensabschnitt sowohl für Ihr Kind wie für Sie selbst wird.

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Tarife Pflegefamilien-Begleitung

Die Tarife richten sich nach den Pflegegeld-Richtlinien des Kantons St. Gallen.

Pflegegeld
Das Pflegegeld versteht sich pro Aufenthaltstag. Als Aufenthaltstag zählt jeder angebrochene Tag.

Leistungspaket A

  • Bis zum vollendeten 4. Lebensjahr CHF 230
  • Ab dem 5. Lebensjahr CHF 220


Leistungspaket B

  • Bis zum vollendeten 4. Lebensjahr CHF 180
  • Ab dem 5. Lebensjahr CHF 170


Die Tarife beinhalten:

  • Abklärung und Vermittlung von Pflegefamilien
  • Fachliche Begleitung der Pflegefamilie
  • Betreuung und Begleitung des Kindes oder Jugendlichen durch die Pflegefamilie
  • Unterkunft, Verpflegung, Haushalt
  • Entschädigung Pflegeeltern
  • Erfahrungsaustausch, Weiterbildung Pflegeeltern
  • Unterstützung der Pflegeeltern in Krisensituationen (365 Tage)


Nicht enthalten sind Kosten wie für Musik, Sport, Freizeitaktivitäten / Spielgruppe oder andere Frühförderangebote / Auslagen für ÖV / Ferien- oder Schullager.


Monatliche Nebenkosten

Pauschale für Kleider

  •   0 –   6 Jahre CHF   90
  •   7 – 14 Jahre CHF 135
  • 15 – 24 Jahre CHF 145
     

Erweitertes Taschengeld für Jugendliche und junge Erwachsene

AlterTaschengeld
in CHF
Handy
in CHF
Körperflege, Coiffeur,
Hygiene in CHF
Total
in CHF
12 – 14 Jahre  30 –   5020 – 3020 – 40  95
15 – 17 Jahre  50 –   8020 – 3020 – 40120
18 – 24 Jahre100 – 20030 – 6020 – 40225


Die Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen wendet den Mittelwert der Pflegegeld-Richtlinien an.

Für zusätzliche Leistungen wie Begleiteter Eltern-Kind-Kontakt, Begleiteter Kontakt / Vorberei-tung und Begleitung Rückkehr in Herkunftsfamilie / Begleitung des Kindes bei häufigen Terminen wie für Therapien / Tagesstruktur ausserhalb Schul- oder Ausbildungszeit / Begleitung Übergang in die oder aus der Pflegefamilie erstellen wir individuell Offerte.

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Kontakt

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Aus: Zeitschrift Netz 2–07, Pflegekinder-Aktion Schweiz, www.pflegekinder.ch, von Silvia Schenk

Die grosse Kunst: Im Notfall schnell und gut platzieren

Wenn Thomas Bont, Leiter der «Puzzle Vermittlung von Gastfamilien», eine Notfallplatzierung vornehmen muss, greift er in der Regel zum Arbeitsinstrument «Familiensteckbrief.» Aktuell führt er Dossiers über 28 Familien, die für die Notaufnahme eines Kindes abgeklärt und bereit sind, für wenige Tage bis drei Monate ein Kind in ihrer Gastfamilie aufzunehmen.

Bei einer Toggenburger Vormundschaftsbehörde klingelt das Telefon. Ein Polizist aus B. meldet, dass sich eine Mutter bei ihm auf dem Posten befinde, die sofort in die Klinik gebracht werden müsse. Da sei aber noch ein kleines Kind, ein Mädchen: «Wohin können wir es bringen?», will er wissen. Die Vormundschaftssekretärin ruft Thomas Bont, den Leiter der «Puzzle Vermittlung von Gastfamilien» in St. Gallen an mit dem Auftrag, eine Notplatzierung in die Wege zu leiten. Thomas Bont lässt in Gedanken die ihm bekannten SOS-Familien Revue passieren. Unzählige Wenn und Aber schiessen ihm durch den Kopf: Ein ihm gut bekanntes Paar wohnt in der Nähe des besagten Polizeipostens. Allerdings hat diese Familie selber ein kleines Pflegekind. Ob das Mädchen da hineinpasst? Oder andersrum gefragt: Passt dieses Familiensystem zu dem ihm unbekannten Kind? Eigentlich achtet er darauf, dass ein zu platzierendes Kind das jüngste Puzzle-Teilchen ist. Die Zeit drängt. Er muss handeln. Kurz entschlossen ruft er die Familie an und erhält zu seiner Erleichterung eine spontane Zusage. Das hat er noch nie erlebt – eine Notfallplatzierung, die so schnell über die Bühne gegangen ist. In der Regel hat er mehr Zeit, um der aufnehmenden Familie wenigstens ein Minimum an Informationen geben zu können. Diesmal ist alles anders.

Anforderungen an Puzzle-Familien
Die Frage, ob und in welchem Fall eine Familie zum Einsatz kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Alle potenziellen Pflegefamilien müssen – unabhängig von der Kinder- und Jugendhilfe – ein gesichertes Einkommen haben, damit unbelastet platziert werden kann. Aktive, engagierte und motivierte Paare, die sich weiterbilden und auf ihren Erfahrungen aufbauen können, werden bevorzugt. Alle interessierten Familien, deren Dossier bei der KJH liegt, werden viermal jährlich zu einem Treffen eingeladen, um Erfahrungen auszutauschen, sich zu vernetzen und Kontakt zu pflegen. Es besteht laufend Bedarf an neuen Familien.
Die Puzzle-Gastfamilien verfügen über eine soziale oder pädagogische Ausbildung oder/und ausgewiesene Erfahrung. Sie zeichnen sich aus durch Tragfähigkeit, Belastbarkeit, Flexibilität und Verschwiegenheit. Ihre Haltung gegenüber der Herkunftsfamilie ist wertschätzend.
Der Leiter des platzierenden Dienstes pflegt eine offene Kommunikation mit den aufnehmenden Familien. Er fragt sich: «Was braucht diese Familie, damit sie den Betreuungsauftrag erfüllen kann und nicht in die Wiederholungsfalle tritt?» Ein Beispiel: «Wenn ein Kind in seiner Herkunftsfamilie geschlagen wurde, wird es die Pflegeeltern provozieren, bis sie gleich reagieren wie die Eltern. Darum müssen spezielle Vorfälle, die das Kind betreffen, seine Geschichte und die Thematik, die es mitbringt, der aufnehmenden Familie bekannt sein.»

Eine überfallartige erste Begegnung
Die Puzzle-Gastmutter Prisca Hefter hat besagten Novembernachmittag in lebhafter Erinnerung: «Gegen 17 Uhr rief uns Thomas Bont an und fragte, ob wir bereit wären, ein vierjähriges Mädchen aufzunehmen, dessen Mutter in die psychiatrische Klinik gebracht werden müsse.» Prisca Hefter erklärte sich einverstanden, informierte ihren Mann, der noch bei der Arbeit war und dem unverhofften Familienzuwachs zustimmte. Eine knappe Stunde später fuhr der Streifenwagen vor. «Der eine der Polizisten blieb bei der Mutter im Auto, der andere kam mit dem Mädchen auf dem Arm zur Haustüre. Die Kleine trug eine kurze Hose und Moon Boots», schildert die Pflegemutter ihre ersten Eindrücke. «Der Polizist wirkte auf mich ganz verdattert. Er war sichtlich erleichtert, als ich ihm das Kind abnahm.»
Vom ersten Telefonanruf bis zur Platzierungen sind knapp drei Stunden verstrichen. Prisca Hefter geht mit Vanessa* ins Wohnzimmer. Schlagartig verändert sich die Atmosphäre im Haus. Das Nachtessen verläuft unruhig, und in der Nacht ist nicht an Schlaf zu denken. Anstatt sich ins Bett zu legen, kriecht Vanessa schreiend darunter und lässt sich nicht mehr blicken. Erst als Prisca Hefter mit Hilfe von Puppen mit ihr redet, wird sie etwas ruhiger. Pflegevater Wolfgang Frommelt, der später nach Hause kommt, findet eine erschöpfte Frau und ein schreiendes Kind vor. Auch für ihn ist diese erste Nacht noch sehr gegenwärtig: «Ich sehe noch immer, wie ich morgens um halb drei im Kinderzimmer am Boden sitze und mit Bauklötzchen spiele.»

Zeit für Abklärungen
Am nächsten Tag trifft sich der Puzzle-Leiter Thomas Bont mit der Vormundschaftssekretärin bei der Familie Hefter Frommelt für eine Bestandesaufnahme und zur Klärung des Auftrages. Nun, da er Vanessa gut untergebracht weiss, kann er sich Zeit nehmen, den Hintergründen des Notfalls nachzugehen.
Die Vormundschaftssekretärin teilt ihm mit, dass das Mädchen schon seit einiger Zeit den Kindergarten nicht mehr besuchen durfte, weshalb bereits Massnahmen für eine sozialpädagogische Familienbegleitung bestehen – allerdings gegen den Willen der psychisch kranken Mutter. Einzig einer Betreuerin eines Heilpädagogischen Dienstes gewährte sie zweimal pro Woche Einlass. So gibt es wenigstens eine Fachperson, die das Umfeld ein wenig kennt. Obwohl die angeordneten Massnahmen nichts fruchteten, hatte die Behörde keine stichhaltigen Gründe für eine frühere Intervention. Der klassische Fall von «warten, bis etwas passiert» trat ein. Erst die Verschlechterung des psychischen Zustandes der Mutter und ihre Einweisung in die Klinik geben der Fall führenden Behörde den nötigen Handlungsspielraum.
Unglücklicherweise führt ein personeller Engpass bei der Amtsvormundschaft dazu, dass niemand Vanessas Beistandschaft übernehmen kann. Thomas Bont wehrt sich dagegen, dass ein ehrenamtlicher Laienbeistand eingesetzt wird. Er bietet der Vormundschaftsbehörde an, sich um die Anschlusslösung zu sorgen, bis die Beistandschaft errichtet ist.
In der Beschreibung des Puzzle-Angebotes steht: «Die Notplatzierung erfolgt kurzfristig für die Dauer von einigen Tagen bis etwa drei Monaten. Es ist eine Übergangslösung mit dem Ziel, den Schutz des Kindes zu gewährleisten. Dadurch wird die Familiensituation entlastet und die Krisensituation beruhigt. Während der Notplatzierung wird die Zukunftsperspektive des Kindes geklärt und eine Anschlusslösung in tragfähige Verhältnisse gesucht.» Mit diesen Zielvorgaben fragt sich der Puzzle-Leiter: «Was geschieht mit Vanessa, wenn sich die Mutter erholt hat und wieder in ihre Wohnung zurückkehrt? Ist eine Rückplatzierung möglich? Wenn ja, welche begleitenden Massnahmen sind nötig? Ist auch eine Tagesbetreuung denkbar, oder braucht es einen Dauerpflegeplatz, sogar bei einer professionellen Familie?»

Wie geht es dem Kind?
Zuerst will Thomas Bont das Mädchen kennen lernen, um sich ein differenziertes Bild über dessen Gesundheit und Verhalten zu machen. Dabei sind die SOS-Pflegeeltern wichtige Gesprächspartner und Informationsträger. Sie haben die Aufgabe, genau zu beobachten, ihre Erlebnisse mit dem Kind zu beschreiben und ihre Wahrnehmungen zu schildern. Ihre Aussagen sind für die Entscheidungsfindung von Bedeutung.
Die Pflegeeltern Hefter Frommelt stellen fest, dass Vanessa unsicher und ohne Halt ist, dass sie kein Vertrauen hat, kein Verhältnis zu Nähe und Distanz. Es gibt für sie keine «fremden Leute». Sie hat kein Repertoire an kindlichen Beschäftigungen, sie kann weder spielen, noch malen oder zeichnen. Bereits am frühen Morgen möchte sie fernsehen. Andererseits kann sie bereits Tee oder warme Milch zubereiten und weiss, dass eine Cocktailsauce entsteht, wenn man Ketchup mit Mayonnaise mischt. Im Umgang mit dem jüngeren Pflegekind der Gastfamilie ist sie unberechenbar. Es wird für alle Beteiligten immer offensichtlicher, dass dieses vierjährige Mädchen schon viel Schwieriges erlebt hat. Sein Verhalten ist so auffällig, dass Thomas Bont von einem seelisch verletzten, vernachlässigten Kind spricht, das keinerlei natürliche Regulierung kennt und eine Bindungsstörung hat.
Er ist sich bewusst, dass die SOS-Pflegefamilie vor einer grossen Belastungsprobe steht. Alle wissen, dass es anstrengend und dynamisch wird für die kleine Familie. Doch die Dauer des Arbeitseinsatzes ist überblickbar.

An die Grenze der Kräfte stossen
Während dieser Abklärungsphase bemüht sich die Puzzle-Gastfamilie intensiv um einen geregelten Tagesablauf, in dem sich Vanessa wohl und eingebunden fühlen kann. Das ist allerdings ein sehr schwieriges Unterfangen und stellt die Belastbarkeit der Familie auf eine harte Probe. Entlastungsmöglichkeiten gibt es so gut wie keine, denn Vanessa demontiert auch in anderen Haushalten die Wohnungseinrichtungen. Es gibt niemanden, der das Mädchen für länger als eine Stunde oder gar ein zweites Mal «hüten» will. Dass Vanessa den Kindergarten auch am Wohnort der Gastfamilie nicht besuchen kann, ist ein Entscheid, den die Pflegeeltern im Nachhinein in Frage stellen. Sie haben dadurch während der ganzen Platzierungsphase keine freie Minute. Und je länger diese Platzierung dauert, desto mehr spüren sie die wachsende Spannung.
Vanessa ist ihre weitaus schwierigste Herausforderung. Noch nie zuvor kamen sie mit einem Pflegekind so nahe an den Rand ihrer Kräfte. Rückblickend und wahrscheinlich auch im Hinblick auf eine nächste Platzierung wissen sie, was sie brauchen: Supervision und eine Entlastungsfamilie.

Eine professionelle Anschlusslösung suchen
Dass diese Notfallplatzierung die üblichen drei Monate überschreitet und fünfeinhalb Monate dauert, hat mehrere Gründe: die Verzögerung bei der Errichtung der Beistandschaft aufgrund des Stellenwechsels bei der Amtsvormundschaft, eine ablehnende Haltung der Mutter gegenüber einer Dauerplatzierung, ein zweites rechtliches Gehör der Behörde sowie das Einfädeln des Anschlussplatzes.
Thomas Bont übernimmt die Suche nach einer professionellen Pflegefamilie. Diese Platzierungsform empfiehlt er nach Rücksprache mit der Betreuerin des Heilpädagogischen Dienstes, weil die Mutter nicht in der Lage ist, Vanessa die nötige Kontinuität und Stabilität zu bieten. Vanessas Verhalten zeigt deutlich, dass sie ein gefährdetes Kind ist. Ihr Umgang mit Nähe und Distanz ist sehr auffällig. Da sie lange Zeit mit ihrer Mutter in einer emotional sehr schwierigen und unberechenbaren Situation lebte, entwickelte sich bei ihr ein unsicheres Bindungsmuster. Sie hat wenig Halt und Vertrauen und braucht deshalb klare Strukturen und Bezugspersonen, die verlässlich sind, Verständnis und einen langen Atem haben und Grenzen setzen können. Andererseits müssen die zukünftigen Pflegeeltern mit der Mutter eine konstruktive Zusammenarbeit entwickeln, damit das Pflegeverhältnis gelingt und Vanessa gefördert werden kann.

 

Der Verein Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen
Die Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen mit Beratungsstellen in St. Gallen und Sargans bietet Erziehungs- und Familienberatung, Jugendberatung, Wohnraum für Jugendliche und Vermittlung von Gastfamilien. Die KJH – eine professionelle Institution mit 560 Stellenprozenten – ist ein Verein und ein Sozialwerk des Bistums St. Gallen. Das Einzugsgebiet umfasst die Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden.
Thomas Bont leitet den Bereich Puzzle, Vermittlung von Gastfamilien, den er 1999 als Projektleiter aufgebaut hat. www.kjh.ch