Familienberatung

Für viele Menschen ist die Familie der wichtigste Ort für Vertrauen und Sicherheit. Durch Trennung oder Scheidung, Krankheit, Umzug oder Arbeitsplatzverlust können Ängste oder Unsicherheit entstehen.

In der Familienberatung bieten wir Raum, um neue Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln.

Signet der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen

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Informationen zur Familienberatung

Die folgenden Informationen geben Ihnen einen Überblick zur Familienberatung. Bei Fragen können Sie uns gerne kontaktieren. Falls Sie eine andere Unterstützung benötigen, vermitteln wir Ihnen gerne eine andere Fachstelle. 

Einzugsgebiet
Das Einzugsgebiet der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen umfasst die Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. Wir führen Beratungsstellen in St. Gallen und in Sargans.
Mit Familien aus Gemeinden mit eigenem Beratungsangebot verweisen wir in der Regel an die zuständigen Beratungsstellen. 

Wann zur Beratung gehen?
Familienberatung ist sinnvoll, wenn bei familiären Veränderungen oder Konflikten die Familienmitglieder Unterstützung bei der Klärung ihrer Situation möchten. Die Erfahrung zeigt, dass durch die Aussensicht und Moderation von Gesprächen durch eine Fachperson die einzelnen Familienmitglieder entlastet werden und dadurch besser gemeinsame Lösungen  gefunden werden können.

Der richtige Zeitpunkt zur Kontaktaufnahme ist individuell unterschiedlich. Wenn ein Familienmitglied den Eindruck hat, die Diskussionen drehten sich nur noch im Kreis oder auch bei Unsicherheit und Überforderung raten wir, Familienberatung in Anspruch zu nehmen.

Mögliche Themen in der Familienberatung
In jeder Familie gibt es natürliche Veränderungen bei Übergängen wie der Geburt eines Kindes, dem Eintritt in den Kindergarten, der Phase der Pubertät oder der Ablösung vom Elternhaus. Bei manchen Familien lösen Ereignisse wie Trennung oder Scheidung, Erkrankung, ein Unfall oder der Tod eines nahen Angehörigen Krisen aus.  

Sowohl natürliche familiäre Übergänge wie Krisen können von Verunsicherung oder Konflikten begleitet sein. Einige Fragen oder Themen:

  • Unser Sohn ist seit der Geburt seiner Schwester oft aggressiv und wir als Eltern sind uns nicht einig, wie wir reagieren sollen.
  • Ich bin Grossmutter und mache mir sich Sorgen um meine Enkel. Der Ehemann meiner Tochter ist an einem Burnout erkrankt und sie ist in dieser Situation mit ihren vier Kindern überfordert.
  • Wir haben entschieden, uns zu trennen und sind unsicher, was wir bezüglich unserer Kinder tun sollen.
  • Vor einem Jahr ist die Grossmutter unserer Tochter gestorben. Seither haben sich ihre Schulnoten verschlechtert und mit uns hat sie dauernd Streit.
  • Vor zwei Jahren habe ich meinen Partner geheiratet. Er hat zwei Kinder, die bei uns wohnen. Obschon ich den Haushalt mache, habe ich nichts zu sagen.
  • Nach drei Jahren Trennung lebe ich mit meinem neuen Partner zusammen. Er versteht sich überhaupt nicht mit meiner ältesten Tochter.
  • Mein Mann ist seit sechs Monaten arbeitslos. Ich möchte gerne besprechen, wie wir uns zu Hause organisieren.
  • Unsere Tochter ist 19-jährig, arbeitet nicht und wohnt noch zu Hause. Wir machen uns Sorgen und sind oft wütend auf sie.

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf, auch wenn Sie ein anderes Thema beschäftigt.

Teilnehmende an Gesprächen
Welche Familienmitglieder an den Gesprächen teilnehmen, wird bei der Anmeldung besprochen. Die Erfahrung zeigt, dass es oft sinnvoll ist, wenn die Familienmitglieder gemeinsam an Lösungen arbeiten. Gleichzeitig gehört es dazu, dass die Wahrnehmung der einzelnen Familienmitglieder sehr unterschiedlich sein kann und nicht alle die Notwendigkeit einer Unterstützung sehen. Es ist möglich auch nur mit einem oder zwei Mitgliedern einer Familie deren Schwierigkeiten zu besprechen.

Dauer und Zeitaufwand 
Die Dauer einer Beratung ist nicht vorgegeben. Oftmals genügen wenige Gespräche, bis Familien wieder ohne fachliche Unterstützung ihren Weg finden. Über den Abschluss einer Beratung entscheiden die Klientinnen und Klienten. Die Beratung ist so lange möglich, bis Familien ihren Weg gefunden haben.

In der Regel dauert ein Gespräch etwa eine Stunde. Je nach Anzahl der Teilnehmenden kann ein Beratungsgespräch kürzer oder länger dauern.

Beratungskosten
Die Kosten für die Beratung sind abhängig von Einkommen und Anzahl der Kinder. Je nach finanzieller Situation ist die Beratung unentgeltlich. Der Beratungskosten werden zu Beginn geklärt.

Die Beratungspersonen und deren Haltung
Unsere Mitarbeitenden verfügen alle über einen Fachhochschulabschluss in Sozialer Arbeit und haben langjährige Erfahrung in der Familienberatung. 

Da alle Familien unterschiedlich sind, gibt es keine Rezepte. Im Gespräch wird gemeinsam erkundet, welche Schritte für die spezifische Situation hilfreich sein können.

Schweigepflicht
Die Mitarbeitenden stehen unter Schweigepflicht. Ein Austausch mit Dritten, zum Beispiel mit anderen Fachpersonen, erfolgt nur mit Zustimmung der Ratsuchenden.

 

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Kontakt

 

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Empfehlungen für Zweitehen und Stieffamilien

aus dem empfehlenswerten Buch von Hans Jellouschek "Wie Partnerschaft gelingt - Spielregeln der Liebe"

Unter Stieffamilien verstehen wir hier Familien, in denen einer der Ehe- bzw. Lebenspartner nicht leiblicher Elternteil der Kinder ist, und ein leiblicher Elternteil der Kinder wegen Trennung oder Scheidung ausserhalb lebt.

  • Es ist schwer, Menschen, die man nicht gut kennt, in sein "Reich" hineinzulassen, und es ist schwer, als "Neuer" in eine bereits bestehende Gruppe hineinzukommen.

    Empfehlung:
    Beziehen Sie, wenn es irgendwie möglich ist, eine neue Wohnung oder ein neues Haus. Dann muss sich niemand als Eindringling fühlen, und niemand muss sein Territorium verteidigen.
  • Der leibliche Elternteil gerät leicht zwischen dem neuen Partner und seinen eigenen Kindern in die Zwickmühle, in Loyalitätskonflikte.

    Empfehlung an den leiblichen Elternteil:
    Geben Sie der neuen Partnerschaft Raum und Zeit, damit sie sich vertiefen kann, Sie tun damit auch für Ihr eigenes Kind das Beste, weil Sie für Stabilität in der Paarbeziehung sorgen.
  • Stiefbeziehungen sind keine gewachsenen Beziehungen, weil sie keine gemeinsame Geschichte haben.

    Empfehlung an den Stiefelternteil:
    Tun Sie gezielt etwas für den Aufbau dieser Beziehungen. Unternehmen Sie allein etwas mit Ihren Stiefkindern, und fangen Sie mit dem an, was sowohl den Kindern als auch Ihnen Spass macht

    Empfehlung an alle:
    Lassen Sie sich Zeit beim Aufbau dieser Beziehungen. Beziehungen lassen sich nicht herstellen. sie müssen wachsen, und Wachstum braucht Zeit. Haben Sie nicht den Anspruch, einander sofort "lieben" zu müssen.
  • Die Wiederheirat wird von den anwesenden Kindern oft als Verlust der alten Familie und als Gefährdung der Beziehung zum leiblichen Elternteil erlebt.

    Empfehlung an den leiblichen Elternteil in der Stieffamilie:
    Pflegen Sie die Beziehungen in der alten Restfamilie, indem Sie mit Ihren leiblichen Kindern allein eigene Unternehmungen starten.

    Empfehlung an den Stiefelternteil:
    Tolerieren Sie diese Sonderunternehmungen, auch wenn Sie vorübergehend davon ausgeschlossen sind.
  • In Stieffamilien haben mehrere oder alle einen schweren Verlust hinter sich. Und alle leben am Anfang in einer unsicheren Situation. Gereiztheit, Wutausbrüche, abweisendes Verhalten und Muffigkeit sind oft darauf zurückzuführen.

    Empfehlung:
    Nehmen Sie Abschied von der Vorstellung, Ihre Stieffamilie müsste eine harmonische Familie sein. Haben Sie Verständnis dafür, dass in Ihrer Familie die Gefühlswogen besonders hoch und tief gehen. Rechnen Sie damit, dass diese von unverarbeiteten Trauerprozessen oder von der allgemeinen noch nicht überwundenen Unsicherheit herrühren.
  • Für die Entwicklung der Kinder ist die Beziehung zu beiden leiblichen Eltern von grosser Bedeutung.

    Empfehlung an den leiblichen Elternteil:
    Sorgen Sie für einen regelmässigen Kontakt Ihres Kindes zum getrennten Elternteil, auch wenn dies gewisse Unruhe in die Familie bringt und alte Verletzungen dadurch berührt werden.
  • Kinder in Stieffamilien geraten leicht in Loyalitätskonflikte zwischen ihrer Stieffamilie und dem getrennten leiblichen Elternteil.

    Empfehlung an den leiblichen Elternteil:
    Verhandeln Sie in Sachen, die das Kind betreffen, direkt mit dem getrennten Partner, und benutzen Sie nicht das Kind als Zwischenträger. Bemühen Sie sich um einen achtungsvollen Kontakt zum getrennten Partner, und vermeiden Sie in Anwesenheit des Kindes abfälliges Reden über ihn. Damit helfen Sie dem Kind, sich innerlich nicht hin- und hergerissen zu fühlen zwischen seinen beiden Eltern.
  • Stieffamilien sind Familien ohne eine gemeinsame Geschichte.

    Empfehlung:
    Unternehmen Sie eigene Anstrengungen zur Entwicklung neuer Gewohnheiten. Traditionen und Verhaltensregeln. Dafür eignen sich, vor allem anfangs, regelmässige Familienkonferenzen. in denen alle zu Wort kommen. Besonders wichtig ist dies bei Familien mit Teenagern.
  • Es ist schwierig für den Stiefelternteil, den Stiefkindern gegenüber eine Rolle zu finden.

    Empfehlung an den Stiefelternteil:
    Seien Sie, besonders am Anfang, sehr zurückhaltend in der Übernahme von Erzieherfunktionen Übernehmen Sie sich nicht, bevor nicht eine persönliche, liebevolle Beziehung zum Stiefkind gewachsen ist. Versuchen Sie nicht, zum getrennten leiblichen Elternteil in Konkurrenz zu treten. Sie werden sonst den Kürzeren ziehen. Versuchen Sie eher, ein älterer Freund, eine ältere Freundin für das Kind zu sein, als Vaters oder Mutters Stelle einzunehmen.

    Empfehlung an den anwesenden leiblichen Elternteil:
    Fühlen Sie sich für die Erziehung Ihrer Kinder selber voll zuständig, und locken Sie durch eigene Hilflosigkeit den Partner nicht in eine Erzieherrolle, an der er scheitern muss.
  • Sexualität hat in Stieffamilien einen anderen Stellenwert, weil sie durch das lnzesttabu nicht so geschützt ist wie in Normalfamilien.

    Empfehlung:
    Seien Sie sich dieser ungeschützten Situation bewusst, und verstehen Sie von daher Ängstlichkeiten und Überempfindlichkeiten, z.B. bei Heranwachsenden. Sprechen Sie als Paar immer wieder über Ihre Beobachtungen und Gedanken zu diesem Punkt, und tabuisieren Sie da Thema nicht.


Quelle: Hans Jellouschek, 1998, „Wie Partnerschaft gelingt - Spielregeln der Liebe“ Herder Verlag, ISBN 3-451-26660-1